Bibliotheken als klassisch analoge Räume stehen beispielhaft für die Ambivalenz der Digitalisierung, die zugleich enorme Herausforderungen und Chancen mit sich bringt. So auch die Bibliothek der LVR-Zentralverwaltung, die sich mitten in diesem tiefgreifenden Wandel befindet. Im nach wie vor angenehm analogen "Bücherraum" im LVR-Horionhaus trafen wir Leiterin Anke Völzmann zu einem spannenden Gespräch über den Weg der gefragten Service-Einrichtung in die digitale Zukunft.
Worin liegen die wesentlichen Aufgaben der LVR-Zentralbibliothek?
Die Bibliothek der LVR-Zentralverwaltung ist eine wissenschaftliche Spezialbibliothek für Behörden und als solche für die Informationsversorgung aller Mitarbeitenden zuständig. Den thematischen Schwerpunkt bilden Verwaltungsrecht, Bürgerliches Recht, Sozialrecht, Kinder- und Jugendhilferecht sowie rheinische Regional- und Heimatgeschichte.
Im Mittelpunkt unserer Services steht die fachliche Beratung. Egal welche Literatur benötigt wird, das Bibliotheksteam steht für die Recherche zur Verfügung und besorgt das Gesuchte gegebenenfalls aus anderen Bibliotheken. Das geht heutzutage sehr schnell und oft digital. Außerdem werten wir Informationsdienste aus und leiten die passenden Informationen an die Personen weiter, die uns ihr Interesse dazu bekundet haben.
Wie haben sich die Angebote im Zuge der Digitalisierung verändert?
Im Rahmen der Digitalisierung und der zunehmenden Heimarbeit weiten wir unsere digitalen Angebote immer mehr aus. Schon heute können alle Mitarbeitenden des LVR die juristischen Datenbanken beck-online und juris nutzen. Gleichzeitig stellen wir unsere Zeitschriftenabonnements in digitale Abonnements um und bieten diese über den vub Paperboy an. Nicht bei allen Zeitschriften ist dies möglich, aber dieses digitale Zeitschriftenregal gibt einen guten Überblick. Man kann die Inhaltsverzeichnisse durchsuchen und falls der Artikel nicht online vorliegt, einen Kopierauftrag an uns schicken.
In unserem Bibliothekskatalog befinden sich all unsere gedruckten und digitalen Angebote unter einem Dach und dazu verknüpfen wir ihn mit immer mehr frei verfügbaren (OpenAccess) Titeln und Studien, die zum Aufgabenbereich des LVR passen.
Wie entwickeln Sie die LVR-Bibliothek weiter?
Um unsere Services bestmöglich und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, haben wir erst kürzlich eine Umfrage zur "Bibliothek der Zukunft" durchgeführt. Dabei kam klar heraus, dass die digitalen Angebote weiter ausgebaut werden sollen. Zudem wünscht sich die überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden die Bibliothek sowohl als einen ruhigen Ort zum Arbeiten als auch zum kollegialen Austausch.
Ein erster Schritt wird nun sein, zeitnah die Öffnungszeiten den Rahmenarbeitszeiten anzugleichen. Im Rahmen einer Open Library wird es dann Servicezeiten mit Fachpersonal und Zeiten ohne Fachpersonal geben. Ausleihe und Rückgabe von Büchern können dann über ein Selbstverbuchungsgerät getätigt werden.
Wir haben jetzt schon Arbeitsplätze, die zum ruhigen Arbeiten genutzt werden können. Dort kann man seinen Laptop anschließen, aber bei Bedarf auch den dort angeschlossenen Rechner nutzen.
Neben "Coffee lectures" zu kurzen Einführungen in die Nutzung der digitalen Angebote wollen wir in Zukunft auch wieder Veranstaltungen zu verschiedenen Themen in der Bibliothek durchführen. Gute Ideen der Mitarbeitenden sind dabei herzlich willkommen!
Wie wird der Studienerfolg von LVR-Nachwuchskräften gefördert?
Wir bieten den Studierenden neben den elektronischen Datenbanken auch Recherchehilfe an. Die benötigte Literatur bestellen wir über die deutschlandweite Fernleihe und können diese so kostenfrei und zeitnah bereitstellen. Durch die Auswertung von elektronischen Infodiensten ("Pushdienste") können wir Themen im Auge behalten und den Nachwuchskräften zur Verfügung stellen. Perspektivisch hoffen wir darüber hinaus auf zusätzliche räumliche Möglichkeiten, um Gruppenarbeitsplätze anbieten zu können.
Was wünschen Sie der ZV-Bibliothek für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass die Bibliothek gemäß den aus der Umfrage gewonnenen wertvollen Impulsen zu einem Ort von hoher Attraktivität für möglichst viele Mitarbeitende wird – einerseits als geschätzter Ruhepol, andererseits als Treffpunkt für kollegialen Austausch.
Ein weiteres wichtiges Ziel sehe ich darin, die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Bereichen des LVR auszubauen, um noch mehr Synergieeffekte nutzen zu können.
Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zur IT?
Ich mag die Kombination aus IT-Anwendungen und klassischer Bibliotheksarbeit. Dabei stellt einen die Digitalisierung vor ganz neue Herausforderungen – man kommt zwar sehr schnell an Informationen, gleichzeitig war es noch nie so schwierig diese auch richtig einzuschätzen.
Ich bin gerne über Möglichkeiten und neue Wege in der IT informiert, um die Hintergründe zu verstehen und neue Services einleiten zu können. Ob es nun beispielsweise um IP-Range oder Single Sign-On geht, es hilft schon im Groben Bescheid zu wissen, um passende Anforderungen stellen zu können.
Allerdings gibt es auch Anwendungen und Lizenzverhandlungen, die mich die "gute alte Zeit" manchmal schmerzlich vermissen lassen :)
Lesen Sie persönlich noch richtige Bücher oder elektronisch?
Da ich viel mit der Bahn unterwegs bin, lese ich gerne elektronische Bücher. Zuhause liebe ich aber „echte“ Bücher, die schön gestaltet sind und am besten noch ein Lesebändchen haben.
Dabei mag ich ganz unterschiedliche Genres. Alles hat seine Zeit. Nennen könnte ich zum Beispiel Carlos Ruiz Zafon - Die Schatten des Windes; Susanne Abel - Stay away from Gretchen oder eine ganz entspannte Frankreich-Krimiserie: Pierre Martin - Madam le Commissaire …
